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Die Geschichte von Low Carb

Auch wenn Low Carb in den letzten Jahren immer populärer wird, so ist diese Ernährungsform keine, wie man eventuell vermuten könnte, Erfindung der Neuzeit.

William Banting und Dr. Harvey

Die Geschichte von Low Carb ist vielmehr auf den Bestattungsunternehmer William Banting und seinen Arzt Dr. Harvey zurück zu führen. Im Jahr 1862 suchte William Banting nach einer Ernährungform, welche ihm dabei helfen sollte, seine 202 Pfund Körpergewicht (bei 1,63m Größe) zu reduzieren. Als zu seinem Übergewicht noch Hörprobleme hinzu kamen, wandte er sich an seinen HNO-Arzt Dr. Williams Harvey. Dieser stellt fest, dass Bantings Schwerhörigkeit ein Symptom seiner Fettleibigkeit war, weil das überschüssige Fett Druck aufs Innenohr ausübte.

Dr. Harvey verordnete Banting eine Diät, bei der er auf Stärke, Zucker, Bier und Kartoffeln verzichten sollte. Stattdessen sollte er sich ausschließlich von Fleisch, Fisch, Gemüse und Wein ernähren.

Die genauen Mahlzeitenempfehlungen für Harvey sahen folgendermaßen aus:

  • Bis zu 180 g Schinken, Rindfleisch, Hammel, Wild, Nieren, Fisch oder jegliche Form von Geflügel
  • Jegliche Art von Gemüse außer Kartoffeln
  • Zum Abendessen zwei oder drei Gläser Rotwein, Sherry oder Madeira
  • Champagner, Portwein und Bier waren verboten und es durfte pro Mahlzeit maximal 30g Brot gegessen werden

Nachdem Banting sich konsequent nach den Anweisungen seines Arztes ernährte, nahm er erfolgreich ab und auch seine Schwerhörigkeit verschwand. 1863 fasste er das Konzept und die Erfolge seiner Diät in seinem Buch „Letter on Corpulencezusammen.

Die „Erfindung“ der Kalorien

Zwischen 1890 und 1900 wurde das Konzept der Kalorienberechnung eingeführt. Der Chemiker Wilbur Atwater kam dabei auf die Idee, Nahrungsmittel in einem Miniofen namens Kalorimeter zu verbrennen und die dabei frei werdende Wärmeenergie zu messen. Die Maßeinheit der Wärmeenergie nannte er Kalorien.

Sein gedanklicher Ansatz bestand darin, dass der menschliche Körper nicht anders funktioniere als der Miniofen und ebenso die aufgenommenen Nahrungsmittel verbrennt. Nimmt der Körper mehr Energie auf, als er verbraucht nimmt der Mensch zu, im Umkehrfall nimmt er ab.

Aber schon Banting machte die Entdeckung, dass zu einer Gewichtsab- oder zunahme mehr gehört, als die bloße Summe der Kalorien. Er machte die Erfahrung, dass der Einfluss auf die Fettzellen im wesentlichen davon abhing WAS er aß, nicht die aufgenommene Menge der Lebensmittel. Daraus schlussfolgerte er, dass, auch wenn Kalorien einen wichtigen Faktor spielen, die Art der gegessenen Lebensmittel durch ihre hormonelle Wirkung bestimmt, ob im Körper Fett gespeichert oder abgebaut wird.

Das Dupont – Projekt

DuPont beauftragte Dr. Alfred Pennington damit herauszufinden, warum die klassischen kalorienreduzierten Diäten nicht funktionieren. Dieser kam zu demselben Ergebnis wie bereits Banting lange vor ihm: Übergewicht ist keine direkte Folge einer zu hohen Kalorienzufuhr, sondern beruht darauf, dass der Körper für überschüssige Kohlenhydraten keine andere Verwendung findet, als sie in Form von Körperfett einzulagern.

Pennington verordnete den Angestellten von DuPont eine Ernährung mit viel Fett, viel Eiweiß und wenig Kohlenhydraten ohne jegliche Einschränkung der Kalorienzufuhr. Die Diätenden berichteten, dass sie sich bei dieser Diät generell gut fühlten, die Mahlzeiten genossen und keinen Hunger zwischen den Mahlzeiten verspürten. Die 20 Teilnehmer des Projekts nahmen im Durchschnitt innerhalb von dreieinhalb Monaten 22 Pfund ab.

In den Vierzigern untersuchte Dr. Alfred Pennington die Lebens- und Ernährungsgewohnheiten der Angestellten von E.I. DuPont de Nemours and Co. In Willington, Delaware. 1951 veröffentlichte er seine Diätform, welche gut funktionierte und in ihren Grundzügen der Diät von Banting, welche fast ein Jahrhundert früher entwickelt worden war, sehr ähnlich ist.

Die Grundidee bei Dr. Penningtons Diät war, dass der Mensch nicht fett wird, weil er zu viel isst, sondern vielmehr aufgrund dessen, was der Körper mit der aufgenommenen Nahrung macht – nämlich der Umwandlung von zu viel zugeführten Nährstoffen in Fett. Eine kalorienreduzierte Diät kann danach nicht funktionieren, da sie das überschüssige Fett nicht abbaut, weil übergewichtige Menschen Kohlenhydrate nicht richtig verstoffwechseln können und so der größte Teil der aufgenommenen Kohlenhydrate in Fett umgewandelt wird.

Diese Schlussfolgerung beruhte zum Teil auf den Forschungsergebnissen des Russel Stage Instituts aus dem Jahre 1928, die zu dem Ergebnis führten, dass jede Mahlzeit aus 60-90g Fett und 180 – 270g Fleisch bestehen darf. Die von Pennington entwickelte Diätform wurde unter dem Namen „DuPont-Diät“ bekannt und erstmals in der Juni Ausgabe des „Holiday Magazin“ im Jahre 1950 veröffentlicht. Später wurde sie in Form einer Broschüre für 10 Cent vermarktet.

Die Inuit-Diät

Parallel zu den Untersuchungen Penningtons machte der Forscher Vilhjalmur Stefansson (1879 – 1962) eine interessante Entdeckung.

Stefansson lebte 11 Jahre  in der Arktis mit Inuit zusammen. Bei ihrer Ernährung fiel ihm auf, dass der Gesundheitszustand der Inuit erstaunlich gut war, obwohl sie sich fast ausschließlich von Fisch, Fett und Fleisch ernährten.

Um ihre Ernährung und deren Wirkung auf seinen eigenen Körper zu testen, unternahm er einen Selbstversuch der Inuit-Ernährung, welchen er von einem medizinischen Team überwachen ließ.

Im Ergebnis dieser Studie war es den Medizinern nicht möglich, einen Hinweis auf schädliche Nebenwirkungen dieser Ernährung zu finden. Am 3. Juli 1926 wurden seine Ergebnisse unter dem Titel „The Effects of an Exclusive Long-Continued Meat Diet“ im Magazin der American Medical Association veröffentlicht.

Leben ohne Brot

1967 beschrieb der österreichische Arzt Wolfgang Lutz in seinem Buch “Leben ohne Brot”, wie er seine Hüftathrose und Erschöpfungszustände durch eine Einschränkung der täglichen Kohlenhydratmenge auf 72g heilen konnte.

Er soll über 10.000 Patienten mit seiner Lutz-Diät behandelt und u.a. von Morbus Crohn, Magenerkrankungen, Gicht, Epilepsie und Multiple Sklerose geheilt haben.

Das böse Fett

In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts untersuchte der Wissenschaftler Ancel Keys den Zusammenhang zwischen Herzkrankheiten und Ernährung. Ergebnis und Grunderkenntnis seiner Studien waren, dass gesättigte Fette den Cholesterinspeigel erhöhen und damit Auslöser für Herkrankheiten sind.

Die Studien von Keys bildeten für mehr als drei Jahrzehnte die Grundlage der meisten Ernährungsempfehlungen und verursachten damit indirekt die Wiedergeburt der Fettphobie in den Achtzigern, sowie eine Lawine von Maßnahmen zur Reduzierung des Cholesterins (z.B. das National Cholesterol Education Program), welche zur Entwicklung und Vermarktung einiger der profitabelsten Medikamente aller Zeiten führte.

Insulin und die Wiederentdeckung der Low-Carb Diät

Während sich alle bisher erwähnten Studien direkt mit der Rolle des Stoffwechsels bei der Gewichtszunahme befassten, konzentrierten sich in den Neunzigern eine Anzahl von Diätwissenschaftern auf das Zusammenspiel von Insulin und Stoffwechsel als bestimmenden Faktor für die Gewichtszunahme.

Der heute wohl bekannteste Vetreter unter ihnen, Dr. Robert Atkins,  fasste Forschungsergebnisse aus den 50er Jahren, aber auch die neueren Erkenntnisse zusammen und veröffentlichte diese in seinem  1992 erschienenem BuchNew Diet Revolution.  Die praktische Umsetzung seiner Erkenntnisse ist heute alsAtkins-Diät bekannt.

Diese Sicht der Dinge bekam weitere Unterstützung, als Dr. Walter Willett, Vorsitzender des Department of Nutrition an der Harvard University’s School of Public Health, vorschlug, das bestehende Konzept der Nahrungspyramide der FDA, welches für ein Jahrzehnt 6 bis 11 Portionen Getreide, Brot und Nudeln pro Tag empfahl, zu überdenken und umzugestalten.

Im Wesentlichen spielt Insulin deshalb eine große Rolle bei der Fettleibigkeit, weil der exzessive Konsum einfacher und verarbeiteter Kohlenhydrate den Körper vieler Menschen resistent gegenüber der Insulinwirkung gemacht hat. Der Verzehr größerer Mengen an Kohlenhydraten führt zu einem starken Anstieg des Blutzuckerspiegels, welcher seinerseits den Körper veranlasst, noch mehr Insulin auszuschütten.

Wenn Insulin in den Blutkreislauf gelangt, bewirkt dies einen plötzlichen Abfall des Blutzuckerspiegels, was wiederum zu einem verstärkten Hungergefühl führt und somit dann wiederum zum Verzehr weiterer Kohlenhydrate anregt. Wenn diese starken Blutzuckerschwankungen über einen längeren Zeitraum immer wieder auftreten, bekommt der Körper früher oder später Probleme damit, auf das Insulin entsprechend zu reagieren.

Low Carb Diäten heute

Was Atkins mit seinem Buch und seiner Diät in der Neuzeit neu begründete, hat heute viele Namen und Ausprägungsformen. Von der minimalen bis zur radikalen Einschränkung der Kohlenhydrate, mit viel Eiweiß und wenig Fett, mit viel Fett und wenig Eiweiß. LCHF, Lutz-Diät, South-Beach-Diät, New-York-Diät, Dukan-Diät  oder Glyx-Diät, oder auch die Montignac-Methode und die LOGI-Methode erfreuen sich in den letzten Jahren immer größerer Popularität.